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Climate Witness: Andrea Fabellini, France

Andrea Fabellini lives in Chamonix Mont Blanc, France, a beautiful little town at the foot of the Mont Blanc, the highest mountain in Western Europe. Since moving there 10 years ago, he has witnessed a dramatic decline in snowfall and other changes in the local environment.

„ Bis Dezember hatten wir auf den Pisten überhaupt keinen Schnee und als es endlich geschneit hatte, folgte tagelanger Regen.“

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Mein Name ist Andrea Fabellini. Ich bin 35 Jahre alt und lebe in Chamonix-Mont-Blanc, Frankreich, einem wunderschönen kleinen Städtchen am Fuße des Mont Blancs, dem höchsten Berg Westeuropas. Ich bin beim binationalen Polizeidienst des Mont-Blanc-Tunnels tätig. In meiner Freizeit gehe ich unter anderem gerne Snowboard fahren und drehe Filme. 

Schöner Pulverschnee aus vergangenen Tagen

Ich komme ursprünglich aus der zentralen Apennin-Region in Italien und lebe seit 1996 in Chamonix/Courmayeur (der italienischen Seite des Mont Blancs). Als ich am 19. Dezember 1996 in Courmayeur ankam, lag der Schnee in dem Dorf (1200 m über NN) einen Meter hoch und darüber lagen noch einmal 50 cm Pulverschnee. Das war in den Alpen für diese Jahreszeit mehr oder weniger der Normalfall.

Rückgang des Schneefalls

Im Verlauf der Jahre haben wir festgestellt, dass der Schneefall kontinuierlich abgenommen hat. Früher hatten wir hier im Dorf bereits im November die ersten starken Schneefälle mit entsprechenden Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Selbst im April waren 40 – 50 cm Neuschnee keine Seltenheit. Obwohl die Pisten Ende April schlossen, war noch viel Frühlingsschnee übrig, sogar abseits der Piste (abseits des „Sky Trails“) auf 1700 m Höhe.
 
Zehn Jahre nach meiner Ankunft in Chamonix hat das Wetter sich dramatisch verändert. Sowohl der November als auch der Dezember von 2006 waren warm und sonnig.  Auf den Pisten lag bis 20. Dezember überhaupt kein Schnee, wobei die Wintersaison in Courmayeur normalerweise am 9. Dezember eröffnet wird. Es war traurig, Mitte Dezember auf einem Streifen harten Kunstschnees Snowboard zu fahren! Doch das war noch nicht alles. Nach Weihnachten – und das war höchst untypisch - nahm die Qualität des Schnees weiterhin ab, als es bis auf 2000 m über NN regnete. Anfang Februar 2007 sorgte starker Schneefall für fast normale winterliche Wetterverhältnisse,  jedoch nur für etwa eine Woche. Dann regnete es tagelang bis weit über 2000 m und der Schnee wurde nass und brüchig. Der März 2007, normalerweise der beste Monat zum Ski laufen, war sehr verregnet, die Schneefallgrenze fiel kein einziges Mal unter
1800 m und der Schnee war selbst oberhalb von 2000 m noch nass. Der April 2007 war sehr heiß, fast schon sommerlich, und die Pisten mussten lange vor dem regulären Ende der Skisaison schließen. Die Schneedecke hatte die schlechteste Qualität, die ich jemals erlebt hatte. In den Skigebieten um Chamonix war dieselbe Entwicklung zu beobachten, wenn nicht gar noch schlimmer.

Schmelzender Permafrostboden und Steinschlag

Ein weiteres noch nicht da gewesenes Phänomen, dem man meiner Meinung nach mehr Beachtung schenken sollte, zeigt sich in der folgenden Schilderung: Am 9. März wurde die Straße in einer der Haarnadelkurven, die zum Eingang des Mont-Blanc-Tunnels auf der französischen Seite führen, durch Steinschlag blockiert.  Man stelle sich Folgendes vor: Ein nördlich der Straße gelegener Felsvorsprung rutschte Anfang März ab, weil der Permafrostboden geschmolzen war. Mir sind früher immer die riesigen grünlichen Eiszapfen aufgefallen, die von Dezember bis März von diesem Felsvorsprung herabhingen. Sie waren eigentlich ein typischer Anblick. Doch jetzt nicht mehr - im letzten Winter haben sich dort überhaupt keine Eiszapfen mehr gebildet.

Vorzeitige Blüten und unterbrochener Winterschlaf

Diese klimatischen Veränderungen, die von zyklischer Natur sein könnten (ich wünschte, es wäre so), haben eine Vielzahl von schwerwiegenden Schäden zur Folge. Ich habe Bäume gesehen, die bereits Ende Februar vorzeitig blühten. Tiere wachen zu früh aus ihrem Winterschlaf auf. Dadurch ist ihr Überleben gefährdet, wenn die Temperaturen wieder auf die für die Jahreszeit typischen Werte sinken.  

Auswirkungen auf den hiesigen Ski- und Bergtourismus

Die Ski- und Snowboardbranche ist sehr besorgt über die Verschiebung der Schneefallgrenze. Auf regionaler Ebene reagierte man bereits auf das Problem indem beispielsweise angeordnet wurde, keine finanziellen Mittel mehr für die Modernisierung von Skiliften und Seilbahnen unterhalb von 2000 m (bei weitem die Mehrheit) bereitzustellen. Stattdessen sollen diese Mittel Skiorten zur Verfügung gestellt werden, die ihre Skilifte in höhere Regionen verlegen wollen. Viele kleinere Skigebiete am Fuße der Alpentäler mussten den ganzen letzten Winter geschlossen bleiben. Im Sommer musste die klassische Route für Bergsteiger zum Gipfel des Mont Blancs aufgrund der Gefahr durch schwache Schneebrücken über die Gletscherspalten geschlossen werden.

Der Klimawandel ist eine ernstzunehmende Angelegenheit. Die Winter von 2000/’01 oder auch von 1996/’97 waren so ähnlich wie der letzte Winter. Es scheint sich nicht um ein zyklisches Problem zu handeln. Die Temperaturen sind höher, die Schneefallgrenze verschiebt sich jedes Jahr weiter nach oben und die Gletscher schmelzen schnell, sehr schnell.

Bitte tut etwas! Auf allen Ebenen! Berichtet, deckt auf, hört auf, die Umwelt zu verschmutzen und natürliche Ressourcen skrupellos zu verschleudern. Das Klima in den Alpen hat sich verändert. Das ist eine Tatsache.

„The Snow Must Go On“ („Der Schnee muss weitergehen“)

Im Dezember habe ich einen Video-Wettbewerb des Senders ‚National Geographic Adventure‘, einem Fernsehprogramm des italienischen FOX/SKY-Satellitenfernsehens, gewonnen. Der Hauptpreis ist ein Ticket für eine Weltreise und ein Empfehlungsschreiben von FOX. Meine Aufgabe ist es nun, einen „Video-Blog“ von allen meinen Reisezielen zu erstellen. Ich habe mich entschieden, diese Aufgabe, die ich als einmalige Chance meines Lebens betrachte, dem Klimawandel zu widmen.

Das Format meiner Weltreise, die im Juli 2007 beginnen soll, ist im Detail auf meiner Website www.haero.com/blog beschrieben und trägt den Titel „The Snow Must Go On.“ Die Dokumentation wird sich aus Berichten, Interviews, Filmen und Aufzeichnungen zusammensetzen und auch über ähnliche Wetterveränderungen in den Schnee- und Bergregionen von Südafrika, Australien, Neuseeland, USA und Kanada berichten. Im März 2008 werde ich auch einen Dokumentarfilm mit einem ähnlichen Titel produzieren.



 

Wissenschaftliche Überprüfung

Überarbeitet von: Ghislain Dubois, „Tourisme, Transports, Territoires, Environnement Conseil « (TEC), Marseille, Frankreich

Andrea weist auf eine der unmittelbarsten und auffälligsten Auswirkungen der Klimaveränderung in Europa, insbesondere der Alpenregion, hin. Laut Martin Beniston „würde die Anzahl der von Natur aus schneesicheren Gegenden bei einer Erwärmung von 1 Grad Celsius [von 666] auf 500 abfallen, bei + 2 Grad Celsius auf 404 und bei + 4 Grad Celsius auf 202.“ Zweifellos wird die Klimaveränderung zu einer Abnahme der Schneetiefe und Dauer des Schneeaufkommens führen, insbesondere unterhalb von 2000 m.

Der derzeitig beobachtete Trend des Schneeaufkommens – basierend auf Daten aus einer nicht repräsentativen Langzeitstudie - zeigt einen leichten Rückgang des Schneeaufkommens, jedoch nicht in dem von Andrea beschriebenen Ausmaß. In Andreas Bericht werden die Auswirkungen, die der Klimawandel bereits heute auf unser Wetter ausübt, überbewertet. Die Tatsache, dass nur zwei Winter (1996/’97 und 2006/’07) zum Vergleich herangezogen werden, täuscht über die naturgegebenen, von Jahr zu Jahr auftretenden Schwankungen im Schneeaufkommen hinweg. Der Winter von 2006/’07 war in der Tat für die alpinen Skigebiete dramatisch. Doch der Winter von 2005/’06 war das genaue Gegenteil und brachte viel Schnee in allen Höhenlagen über die gesamte Saison hinweg. Hätte Andrea das mit 1996 verglichen, so würde er feststellen, dass die Situation sich nicht so dramatisch verändert hat.

Ich finde, dass seine Beobachtungen durchaus auf künftig zu erwartende klimatische Auswirkungen in den Alpen hinweisen könnten, aber die derzeit beobachteten Entwicklungen nicht exakt widerspiegeln.

Elsasser, H., Burki, R. (2002). “Climate change as a threat to tourism in the Alps.” Climate Research 20: 253-257.

Beniston, M., F. Keller, et al. (2003). “Estimates of snow accumulation and volume in the Swiss Alps under changing climatic conditions.” Theoretical and Applied Climatology(76): 125-140

Alle Artikel unterliegen der wissenschaftlichen Überprüfung durch den Climate Witness Science Advisory Panel.