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Climate Witness: Wyn Evans, UK

My name is Wyn Evans and I am a third generation farmer on 80 acres of farmland in Caerfai Bay, Pembrokeshire, West Wales. I also rent 88 acres, and produce milk, cheese, potatoes and some corn which are sold in our farm shop.

Mein Name ist Wyn Evans und mein landwirtschaftlicher Betrieb mit einer Nutzfläche von 32 Hektar in Caerfai Bay, Pembrokeshire, West Wales, befindet sich seit drei Generationen in unserem Familienbesitz. Zusätzlich habe ich weitere 36 Hektar Land gepachtet. Die erwirtschafteten Erzeugnisse - Milch, Käse, Kartoffeln und etwas Mais - werden in unserem Bauernlädchen verkauft. Wir betreiben außerdem einen beliebten Campingplatz, da unser Bauernhof vor der wunderschönen Küste von Pembrokeshire gelegen ist. In den 90ern bin ich auf ökologische Landwirtschaft umgestiegen und habe eine ganze Reihe von Technologien für erneuerbare Energien installiert, um den CO2-Fußabdruck unseres Hofs zu reduzieren und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken.

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Dieser Hof wird seit 1929 von meiner Familie bewirtschaftet und ich habe ihn 1967, vor über 40 Jahren, übernommen. In dieser Zeit habe ich zahlreiche Veränderungen in den Jahreszeiten und klimatischen Bedingungen in diesem Teil von Wales feststellen können.

Früher waren Schneestürme in dieser Gegend ein echtes Problem. Ich kann mich noch gut an die Geburt meiner dritten Tochter im Februar 1978 erinnern. Der Schneesturm war so schlimm, dass es unmöglich war, meine Frau ins Krankenhaus in Haverfordwest zu fahren, so dass eine Hausgeburt unsere einzige Alternative war. Letzten Februar war es dagegen so warm, dass unsere vier Enkelkinder leicht bekleidet im Planschbecken und am Strand herumtollen konnten. Diese Entwicklung hat sich in nur 30 Jahren vollzogen.

Früher war ich Schneekoordinator des ehemaligen Milk Marketing Board (MMB) und war für ca. sechs bis acht Milchbetriebe in meiner Gegend zuständig. Während der Monate Oktober/November sorgten die Schneekoordinatoren des MMB dafür, dass im Notfall ein Milchtank zur Verfügung stand, den wir auf einen Sattelauflieger luden, um uns dann alle in einer Parkbucht treffen. Doch im Januar 1982 war der Schneefall so extrem, dass es für einen Milchtanker absolut unmöglich war, auch nur einen der Höfe in der Gegend zu erreichen. Natürlich musste ich trotzdem melken und die Milch verkaufen. Also füllte ich meinen eigenen 400–500-Liter-Behälter, lud ihn auf die Ladefläche meines Land Rovers und folgte einem Baggerfahrer nach Haverfordwest. Da ich einer der Wenigen war, die es per Auto in die Stadt geschafft hatten, bat mich der dortige Ladeninhaber, doch auch noch eine Ladung Gemüse in St. David abzuholen. Einen solchen Schneesturm haben meine Frau und ich jedoch in den letzten 15 Jahren nicht mehr erlebt.

Vermehrte Dürreperioden waren einer der Hauptgründe für meine Entscheidung, ab 1991 auf ökologischen Landbau umzusteigen. Während der Trockenperioden von 1976 und 1984 wuchs überhaupt kein Gras mehr – das Land war vollkommen kahl. In dieser Zeit kaufte ich viel Stickstoffdünger, um dem Graswachstum nachzuhelfen. Doch die Anwendung von großen Mengen löslicher Düngemittel führt dazu, dass nur die oberen 5 – 8 cm des Bodens mit Nährstoffen versorgt werden. Dadurch besteht für das Gras keine Notwendigkeit, tiefere Wurzeln zu bilden. Wenn es dann aber zu einer Dürre kommt, verwelken diese Wurzeln wesentlich schneller. Außerdem habe ich herausgefunden, dass durch die Herstellung von einem Kilogramm Stickstoffdünger für die Saat, sechs Kilogramm CO2 in die Atmosphäre gelangen.

Deshalb benutze ich für mein Gras nun keinen Dünger mehr. Dadurch ist dieses jetzt in der Regel resistent gegen klimatische Schwankungen, da es sich um eine alte Saatvariante mit einem breit gefächerten Erbgut handelt. Infolge dessen ist es gegen extreme Wetterbedingungen besser gewappnet als moderne Varianten.

Die Regenfälle des letzten Sommers haben dazu geführt, dass der Campingplatz unter Wasser stand. Es regnete so heftig, dass der Boden kein Wasser mehr aufnehmen konnte. Das war das erste Mal seit der Eröffnung des Campingplatzes im Jahre 1970, dass Camper uns um Schaufeln baten, um Gräben um ihre Zelte graben zu können. Es sind jedoch nicht nur die Camper, die unter den vermehrten Regenfällen leiden.  Auch der Boden ist den Wassermengen nicht gewachsen. Ich musste bereits die Entwässerungssysteme auf meinem Land verbessern, da sich das Wasser an manchen Stellen staute und meine Arbeit behinderte.

Durch die vermehrten Regenfälle wurde mir klar, dass der Boden vor dem Wegschwemmen bei starkem Regen geschützt werden muss. Also habe ich für die Lagerung der Kuhgülle eine anaerobe Biogasanlage installiert. Daraus gewinne ich nicht nur wertvolles Biogas, sondern benutze die Gülle auch auf meinen Feldern, wo sie sich an den Lehmboden anlagert. Dies führt zu einer geringeren Belastung durch abfließendes verschmutztes Regenwasser.  Die Bodenqualität wird verbessert, so dass die Erde bei starken Regenfällen nicht mehr so leicht weggeschwemmt wird. Die Landwirte in der Gegend von Caerfai haben in den letzten Jahren mit ansehen müssen, wie große Mengen ihres wertvollen Bodens von heftigen Regenfällen weggeschwemmt wurden. Ich kann mich erinnern, wie eines Morgens die Wassermassen wie ein Fluss aus den Feldern liefen, sich dann auf der Straße sammelten und dort den Straßenverkehr extrem behinderten. 

In den letzten sieben Jahren wurde meine Kartoffelernte durch die höheren Windgeschwindigkeiten geschädigt. Vor sechs oder sieben Jahren erreichte der Wind Geschwindigkeiten von fast 100 km/h. Da es nicht gleichzeitig regnete, wehte der Wind sehr viel Salz aus dem Meerwasser auf meine Kartoffeln. Auf einer gekochten Kartoffel ist Salz ja in Ordnung, doch auf einer wachsenden Kartoffelpflanze macht es die Blätter kaputt. Und in diesem Jahr erreichte der Wind sogar Geschwindigkeiten von 116 km/h. Ich weiß das, weil ich die Windgeschwindigkeiten mit meiner Windenergieanlage überwache. Ich mache zwar keine täglichen Aufzeichnungen, doch besonders starke Winde behalte ich im Auge.  Die Blätter werden durch die peitschenden Winde ganz runzlig und zerknittert.

Im Verlauf der Jahre habe ich festgestellt, dass die Anbausaison länger ist als früher. Wenn ich an die 40er und 50er Jahre zurückdenke, waren die Unterschiede zwischen den Jahreszeiten krasser als heute. Jetzt ist es keine Seltenheit mehr, dass wir im Winter Frühlingswetter und im Frühling Winterwetter haben! Es mag blödsinnig klingen, doch die Jahreszeiten sind nicht mehr so klar ausgeprägt wie sie es einmal waren. Was mir außerdem aufgefallen ist, sind die Temperaturschwankungen, sowohl von einem Tag zum anderen als auch vom Morgen bis zum Nachmittag. Es kann zu Schwankungen von 10 Grad Celsius in beide Richtungen kommen. Für mich bedeutet das,  mehrere Lagen Kleidung übereinander zu tragen und sie nach Bedarf aus- oder wieder anzuziehen. Aber die armen Kühe wissen überhaupt nicht, was los ist, oder? Sollen wir unser Winterfell noch ein paar Tage anbehalten, oder anfangen uns zu haaren?

Ich bin mittlerweile sehr besorgt darüber, wie sich unser Lebensstil auf unseren Planeten auswirkt. Es spielt keine Rolle, in welchem Teil unserer Erde wir uns befinden – wir teilen uns alle ein und dieselbe Atmosphäre. Wenn ich also hier ein kleines bisschen spare, könnte es jemand auf einer pazifischen Insel oder in Bangladesch vor einer Überschwemmung bewahren – und die Ironie an der Sache ist, dass die Menschen dort einen wesentlich kleineren  CO2-Fußabdruck haben als ich.

Ich fing schätzungsweise 1999 an, mir Sorgen zu machen, als in den Nachrichten viel von Klimawandel die Rede war - insbesondere vom Pazifik und der Tatsache, dass die dortigen Inseln in 100 Jahren nicht mehr existieren werden. Dann kam 2001 mein erstes Enkelkind zur Welt und ich machte mir Gedanken darüber, wie dessen Enkel wohl darüber denken würden, dass ihr Ur-Urgroßvater ihrer Meinung nach nichts gegen den Klimawandel unternahm, obwohl es damals schon klare Hinweise gab, dass etwas getan werden musste.

Also habe ich erst einmal die Biogasanlage installiert – und zwar nach meinem eigenen Entwurf. Sie hat sich schon bewährt, denn sie erzeugt nicht nur Energie für die Warmwasserversorgung unseres Hauses, sondern auch für den Campingplatz. Außerdem unterstützt sie die Solar-Wassererwärmungsanlage zur Sterilisation der Melkmaschine. Seitdem habe ich auch noch eine Windenergieanlage installiert, die Elektrizität für den Campingplatz erzeugt. Eine unterirdische Erdwärmepumpe erzeugt Wärme für die anaerobe Biogasanlage. Des Weiteren haben wir einen  Kühlraum zur Lagerung unserer landwirtschaftlichen Erzeugnisse gebaut.  Die Molke aus der Käseproduktion füllen wir in die Biogasanlage. Dieses Abfallprodukt erhöht innerhalb von zwei Stunden die Arbeitsleistung der Anlage und die Mehrleistung hält für die nächsten 24 Stunden an. 100 Liter Molke entsprechen der Verwendung von 3 Litern Öl.

Unser landwirtschaftlicher Betrieb stützt sich auf erneuerbare Energien und wir benutzen die Abfallprodukte von einem Arbeitsgang, um Energie für einen anderen zu erzeugen. Wenn ich zum Beispiel Käse herstelle, kommt die Molke in die Biogasanlage. Wenn wir einen Überschuss an Molke haben, wird nicht nur ausreichend Gas erzeugt, um die nächste Ladung Käse herzustellen, sondern auch noch, um zusätzlich die Molkerei-Anlage sterilisieren zu können. Aus der Biogasanlage gewinne ich außerdem guten Dünger. Wind- und Solarenergie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei erneuerbaren Energien ist es wichtig, je nach persönlichem Bedarf eine gute Mischung aus allen verfügbaren Quellen zu nutzen. Es gibt sicherlich auch Landwirte, die sich beispielsweise einen Fluss oder etwas anderes zunutze machen könnten…all das sind hervorragende Möglichkeiten.

Die Bemühungen, unseren Fußabdruck zu verkleinern, haben uns viel Freude aber auch Frust bereitet. Diese Bemühungen waren wahrscheinlich der Grund, dass ich die Landwirtschaft nicht aufgegeben habe. Ich gebe gern meine Erfahrungen weiter und probiere gern neue Lösungswege aus. Aber ich habe nicht mehr viel Zeit und ich kann mein jetziges Arbeitstempo nicht mehr lange aufrechterhalten. Doch wie ein altes Sprichwort besagt: „Lebe, als gäbe es kein Morgen - doch bebaue dein Land, als würdest du ewig leben.“


 

Wissenschaftliche Überprüfung

Überarbeitet von: Dr. Clive Walmsley, Countryside Council for Wales, Großbritannien

Die von Wyn beschriebenen extrem gegensätzlichen Winterwetterbedingungen veranschaulichen die Tendenz zu wesentlich milderen Wintern mit geringerem Schneefall. Dies geht auch aus den Waliser Klimadatenaufzeichnungen der letzten 30 Jahre hervor. Alle Jahreszeiten sind wärmer geworden und haben damit, wie von Wyn auf seinem Hof beobachtet, in Wales eine verlängerte Anbausaison zur Folge. Vieles weist darauf hin, dass dies zu einem Anstieg der landwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit nicht nur in Wales, sondern in ganz Nordeuropa führen wird.

Die von Wyn beschriebenen Erfahrungen mit extremer Sommerdürre auf der einen und heftigen Regenfällen mit daraus resultierenden flutartigen Überschwemmungen auf der anderen Seite, veranschaulichen die potenziellen Folgen solcher Wetterextreme. Sommerliche Dürreperioden werden in Zukunft voraussichtlich häufiger auftreten und sich dementsprechend drastisch auf die landwirtschaftliche Ertragsfähigkeit auswirken. Die Waliser Winter sind hingegen mittlerweile durch häufigere starke Niederschläge geprägt. Dieser Trend wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen. Die von Wyn empfundenen größeren Temperaturschwankungen im Tagesverlauf gehen aus den Klimadaten hingegen nicht hervor, da sich die durchschnittliche tägliche Temperaturspanne aufgrund ansteigender Tiefsttemperaturen eher verringert hat.

Die von Wyn angewendete Mischung aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen ist ein hervorragendes Modellbeispiel dafür, wie Landwirte die Treibhausgasemissionen ihrer Höfe reduzieren und Abfallprodukte benutzen können, um die Ertragsfähigkeit ihrer Höfe zu erhöhen.

Weitere Informationen über klimatische Entwicklungen können Sie unter Jenkins, G.J., Perry, M.C. und Prior, M.J. 2007 nachlesen. „The climate of the United Kingdom and recent trends“ (Das Klima Großbritanniens und aktuelle Entwicklungen) Met Office Hadley Centre, Exeter, UK.

Alle Artikel unterliegen der wissenschaftlichen Überprüfung durch den Climate Witness Science Advisory Panel.